Indianer

 

 

Das Engagement Bischof Kräutlers galt immer schon den indianischen Ureinwohnern Brasiliens und ihren Lebensrechten. Er ist der Präsident des CIMI, des Indianermissionsrates der Brasilianischen Bischofskonferenz. Die Indianer haben nicht nur ein Recht auf Lebensraum, sondern auch auf ihre Kultur - auch wenn sie manchmal noch so fremd erscheinen mag.

 

 

Ein verbreiteter Stamm in Gebiet seiner Prälatur am Xingu sind die Kaiapo. Die meisten ihrer Dörfer liegen zerstreut entlang des Xingu-Flusses oder, genauer gesagt, entlang der Oberläufe einiger seiner Zuflüsse. Das Territorium der Kaiapo erstreckt sich über eine Fläche der Größe Portugals.

Die genaue Zahl der in diesem großen Gebiet lebenden Kaiapo ist schwer zu bestimmen. Die Zahl der Erwachsenen pro Dorf ist, gemessen an den amazonischen Normen, relativ hoch und erreicht im Durchschnitt 200-500 Menschen. Die Größe der einzelnen Dörfer ist jedoch sehr unterschiedlich und schwankt zwischen 40 und 700 Bewohnern.

 

 

Ein Kaiapo-Dorf besteht traditionsgemäß aus Hütten, die in regelmäßigen Abständen in einem Kreis um einen großen freien Platz angeordnet sind. Das Dorfzentrum ist das Männerhaus, wo sich die politischen Gruppen täglich versammeln. Jede Männergruppe hat einen oder zwei Häuptlinge, die verschiedene rituelle und politisch-rechtliche Funktionen innehaben. Diese sollen die männlichen Tugenden der Kaiapo verkörpern: Weisheit, Redekunst, Kriegsführung, Solidarität und Großzügigkeit.

 

 

 

Der Dorfrand besteht aus den kreisförmig angeordneten Unterkünften der Großfamilien. Im Gegensatz zum Zentrum spielt sich hier das häusliche und familiäre Leben ab. Die Frauen entfernen sich hin und wieder vom Dorf, um in den Feldern zu arbeiten, Früchte zu sammeln oder um zu baden. Die meiste Zeit verbringen sie aber damit, Baumwolle zu spinnen, sich um die Kinder zu kümmern, die Mahlzeiten zuzubereiten oder einfach sich mit der Familie zu unterhalten. Der Kreis der Wohnhäuser wird als jener Bereich angesehen, in dem sich die "Frauensachen" eigenständig abspielen.

 

 

Für die Kaiapo ist der Dorfrand gesellschaftlich weniger bedeutend als das Männerhaus und der Dorfplatz, wo die öffentlichen Aktivitäten stattfinden. Das Dorfzentrum ist verbunden mit den männlichen Aktivitäten wie Versammlungen, Reden, Zeremonien und öffentliche Riten. Ansonsten spielen sich die Tätigkeiten der Männer außerhalb des Wohnbereiches ab: Jagd, Wanderungen, Fischfang und Handwerk. Den Rest der Zeit verbringen sie mit stundenlangem Schwatzen in ihrem Männerhaus.

 

 

 

Die Kaiapo praktizieren zahlreiche Riten von unterschiedlicher Dauer und Wichtigkeit. Die drei Hauptkategorien ihrer Zeremonien sind:

1. die Riten der persönlichen Namensgebung;

2. die Riten, die den Ackerbau, die Jagd und den Fischfang begleiten; zu diesen kommen gewisse punktuelle Riten wie z.B. jene anlässlich einer Sonnenfinsternis;

3. die Riten des Übergangs von einer Altersgruppe in eine andere, die jedoch nicht von Gesängen und Tänzen begleitet werden.

 

 

 

Diese Hauptzeremonien werden allgemein "me rer mex" ("die Leute, die ihre Schönheit anbieten") genannt. Dieser Begriff bezieht sich nicht nur auf den feinen Schmuck der Teilnehmer, sondern auch auf die soziale Ordnung. Die Zeremonien der Kaiapo sind zu verstehen als ein gemeinsamer Akt der Sozialisierung des "Wilden". Da sich die Zeremonien normalerweise auf dem Dorfplatz abspielen, beinhalten sie eine Umkehrung des sozialen Raumes: Das Dorfzentrum wird vorübergehend zur Domäne der nicht-sozialisierten Kräfte.

 

 

Die Trockenzeit ist jene Zeit, in der man sich mit dem Lebensunterhalt beschäftigt (Gartenbau, Ernte wilder Früchte im Wald) und so entfallen in dieser Zeit auch sämtliche Zeremonien. Trotzdem kommt es nicht selten vor, dass sich die Bewohner am Abend auf dem Dorfplatz versammeln und tanzen. Außerdem treffen sich die Kaiapo auch dann zum Tanz, wenn sie eingeborene Besucher ehren oder auch wenn ein Weißer sie dazu einlädt.